Albert-Steeger-Stipendium 1966 an Wilhelm Lucht
Willi Lucht 
für seine besonderen Verdienste um die Erforschung der Käferfauna im Rheinland 

Willi Lucht wurde am 30. August 1922 als Sohn des Kaufmanns Wilhelm Lucht und seiner Ehefrau Margarete geb. Zanders zu Krefeld geboren. 

Er besuchte die Volksschule in Düsseldorf, die Mittel-schule in Düsseldorf und Hagen i. W. sowie die Staatliche Oberschule in Aufbauform in Herdecke/Ruhr, die er 1941 mit dem Reifezeugnis verließ. Unmittelbar anschließend leistete er Wehrdienst (letzter Dienstgrad Leutnant d. R.) und geriet am Kriegsende in amerikanische Gefangenschaft.

Nach Rückkehr mußte er seinen Jugendwunsch, Naturwissenschaften zu studieren, aus zeitgegebenen Umständen aufgeben. Statt dessen absolvierte er von 1946 bis 1948 eine Lehre als Einzelhandelskauf mann, die er mit dem Kaufmannsgehilfenbrief abschloß. Parallel dazu führte die Teilnahme an einem Lehrgang zum Abschluß der Höheren Handelsschule zu Hagen. Zwei Jahre half er alsdann beim Wiederaufbau des elterlichen Geschäfts. Nach einer darauffolgenden Volontär-ausbildung in einem Werbeunternehmen wechselte er 1951 zu einer Großbank über, in der er heute als Direktor in der Zentrale in Frankfurt a. M. tätig ist. 

Seit 1954 ist er verheiratet und hat ein Kind. 

Seit früher Jugend war Lucht naturwissenschaftlich interessiert; er sammelte Insekten, Konchylien, Korallen, Petrefakten, Mineralien und andere Naturobjekte. Ab 1940 spezialisierte er sich auf Käfer und durch höhlenkundliche Untersuchungen auf cavernicole Arthropoden. 

Für die häusliche Abiturarbeit durften sich die Schüler nach persönlicher Neigung aus zwei verschiedenen Wissensgebieten je ein beliebiges Thema selbst stellen. Lucht untersuchte für das Wahlfach Biologie die Tierwelt der Höhlen an der Hünenpforte bei Hohenlimburg und bearbeitete für das Fach Geschichte das Thema Urne und Hügelgrab", eine zusammenfassende Darstellung der Grabformen, Bestattungssitten und Jenseitsvorstellungen in Mitteleuropa von den Uranfängen bis zur Zeitenwende. 

Unmittelbar nach Entlassung aus der Gefangenschaft setzte Lucht die entomologische Tätigkeit als Liebhaberei fort. 1947 schloß er sich der Arbeitsgemeinschaft Rheinischer Koleopterologen" an. 1964 wurde er zum Korrespondierenden Mitglied des Naturhistorischen Vereins der Rheinlande und Westfalens", Bonn, ernannt. Seine Hauptarbeitsgebiete sind die Faunistik der Käfer Deutschlands sowie ihre Biologie und Ökologie. 

Auf Grund lokalfaunistischer Untersuchungen in der Eifel wurde er von Professor Dr. Pax (+) Köln, gebeten, sich an der vom Kultusministerium von Nordrhein-Westfalen geförderten zoologischen Erforschung des Siebengebirges und Rodderbergs zu beteiligen. Zusammen mit K. Koch wurden 1957/58 zahlreiche Exkursionen zur Erfassung der Käferwelt des Naturschutzgebietes durchgeführt. Die Ergebnisse dieser zwei jährigen Bestandsaufnahme fanden in einer 181seitigen systematischen und ökologischen Darstellung der nachgewiesenen 1723 Arten ihren Niederschlag. Diese Arbeit führte 1966 zur Verleihung des Albert-Steeger-Stipendiums. 

Umfang und Ergebnisse wissenschaftlicher Liebhabertätigkeit hängen im wesentlichen von der verfügbaren Freizeit ab. Da der Beruf jedoch den privaten Bereich ständig in erheblichem Maße einengt, bleiben fast nur die Wochenenden und Urlaubstage für intensivere Feld- und Schreibtischarbeit übrig. Dementsprechend hält sich der Umfang der nach der Verleihung des Stipendiums durchgeführten Aufgaben und Publi kationen in engem Rahmen.

"Beim Bestimmen"

 
KOLEOPTEROLOGISCHE TATIGKEIT SEIT 1966

1. Faunistik
a) Fortführung der Erforschung des Siebengebirges und des Rodderbergs; Registrierung der Funde für den 
2. Nachtrag zur Käferfauna des Naturschutzgebietes. 

b) Seit 1970 gleichartige Erfassung der Käferfauna der Rheininsel Kühkopf (NSG). Bisher konnten rund 900 Arten nachgewiesen werden. Die Möglichkeit einer 
Publizierung ist allerdings zur Zeit noch ungewiß. 

c) Kontinuierliche Mitarbeit an der faunistischen Erforschung des Rheinlands, insbesondere der Eifel, sowie Teilnahme an speziellen Aufgaben, wie beispielsweise der 1970/71 auf Initiative von Prof. Dr. Thiele, Universität Köln, durchgeführten zoologisch-botanischen Bestandsaufnahme des Bausenbergs bei Niederzissen. 

d) Mitarbeit an der von Prof. Dr. Ant, Hamm, initiierten Neubearbeitung der Coleoptera Westfalica". 

e) Mitarbeit an der faunistischen Familienbearbeitung der Käfer Hessens. 

f) Mithilfe an der Komplettierung und Aktualisierung der Faunistik der mitteleuropäischen Käfer" von Dr. Horion. 

g) Revision mitteleuropäischer Hypocoelus-Funde (Col., Eucnemidae). 

2. Biologie, ÖkoIogie, Ethologie
a) Klärung der seit 160 Jahren umstrittenen Lebens-und Verhaltensweise des Taumelkäfers Orectochilus villosus. Die Ergebnisse 8jähriger Freilandbeobachtungen wurden in einer monographischen Bearbeitung der Art in den Entomologischen Blättern, Krefeld, 1974, veröffentlicht. 

b) Begonnene Studie über die Standortbindung der halophilen Carabide Bembidion fumigatum auf Grund unterirdischer Salzwasserkörper im Bereich der Rheininsel Kühkopf. 

3. Dokumentation
a) Laufende Erfassung der koleopterologischen Aktivitäten im Bundesgebiet einschließlich West-Berlin, um durch regelmäßige Aufzeichnung øer Tätigkeiten, Forschungsergebnisse und Publikationen einen chronologischen Überblick über die Entwicklung und den Leistungsstand der Käferkunde in Deutschland zu geben. Die Protokolle" erscheinen seit 1967 regelmäßig als Jahresberichte in den Entomologischen Blättern, Krefeld. 

b) Zusammenstellung eines Anschriftenverzeichnisses aller in Deutschland tätigen Koleopterologen mit Angabe ihrer Spezial- und Interessengebiete. Die Liste wurde 1964/65 gemeinsam mit Dr. Harde vom Staatl. Museum für Naturkunde, Stuttgart, erarbeitet und später auf ein Adressenverzeichnis aller Koleopterologen Mitteleuropas ausgedehnt. 

c) Verwaltung des Archivs der Arbeitsgemeinschaft Rheinischer Koleopterologen, vor allem der Beleg-sammlung wissenschaftlicher Publikationen, die inzwischen mit 532 Titeln rund 75 % aller bisher aus den Reihen ihrer Mitglieder veröffentlichten Arbeiten enthält. 

d) Kompilation der von G. Ochs beschriebenen Arten und Unterarten der Familie Gyriniciae orbis terrarum. Die Liste der über 500 Typenbeschreibungen des verstorbenen Gyri niden-Spezialisten, dessen einmalige Sammlung sich durch Schenkung im SenckenbergMuseum, Frankfurt, befindet, ist für die Senckenbergiana biologica vorgesehen. 

Aus: Verein Linker Niederrhein Krefeld (Hrsg.) (1976): Albert-Steeger-Stipendium des Landschaftsverbandes Rheinland. - Niederrheinisches Jahrbuch 13, 117-133.

Laudatio von Prof. Dr. Maximilian Steiner

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