Asiatischer
Laubholzbockkäfer in Bornheim |
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Anmerkungen zum Erstnachweis
des Asiatischen Laubholzbockkäfers Anoplophora glabripennis
(Col., Cerambycidae) in Nordrhein-Westfalen
Frank
Köhler
Seit dem 12. Oktober 2005 wurde in Presse,
Rundfunk und Fernsehen ausgiebig über den ersten Nachweis des Asiatischen
Bockkäfers in Nordrhein-Westfalen berichtet. Nach den teilweise verwirrenden
Medienberichten mit unzureichenden Quellenangaben, die einer wissenschaftlichen
Überprüfung kaum standhalten - im Bonner Generalanzeiger war
von 12 cm großen Bohrlöchern die Rede - konnten mittlerweile
weitere konkrete Details in Erfahrung gebracht werden.
Hier nun einige
Fakten und Einschätzungen - alle Fotos stammen, soweit nichts anderes
vermerkt, vom Fundort der Anoplophora glabripennis (KÖHLER
18.10.2005):
Fundort
Im südlichen Nordrhein-Westfalen
wurden nahe Bonn in Bornheim-Roisdorf im Gewerbegebiet Johann-Philipp-Reiss-Str.
von einem Amateurentomologen an einem Ahorn Bohrlöcher festgestellt
und gegenüber der in Bonn ansässigen Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen
(LWK) der Verdacht geäußert, es könne sich um einen Befall
mit Anoplophora glabripennis, dem Asiatischen Laubholzbockkäfer,
handeln.
Umfang des Befalls
Die Bäume wurden von Mitarbeitern
der LWK (SCHRAGE & BECKERS, Herrn Franz BECKERS möchte ich für
ausführliche Auskünfte danken) untersucht. Zwei Bäume mit
Schlupflöchern wurden gefällt. Wie die Zählung ergab, sind
aus diesen im Laufe des Sommers insgesamt 30 Imagines geschlüpft.
Es wurden typische Fraßspuren / Eiablagetrichter und Larven des Stadium
L1 gefunden. In einem der gefällten Stämme wurde eine verpuppungsreife
Larve (L4) festgestellt, die von G. GREIB als Anoplophora bestimmt
wurde.
Bestimmungssicherheit
Imagines oder Reste von Imagines wurden
nicht gefunden. Die Artbestimmung glabripennis (die Gattung umfaßt
36 Arten) ist hochwahrscheinlich, aber noch nicht endgültig gesichert.
Larven sollen noch zur Absicherung der Bestimmung zur Untersuchung nach
Wien geschickt werden. Die ausgewachsene Larve wird bei Zimmertemperatur
gehalten und soll zur Verpuppung gebracht werden. |
Fundort von Anoplophora
glabripennis ist
das Gewerbegebiet in Bornheim-Roisdorf.
Ahornstumpf in der J-P-Reiss-Straße in
Bornheim-Roisdorf. Die befallenen Jungbäume
besitzen einen geringen Stammdurchmesser.
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Maßnahmen
Am Mittwoch, den 19. Oktober, werden vormittags
weitere Fällungen durchgeführt. Gerodet werden 25 junge Ahorn-Bäume
in der nächsten Umgebung, für die ein Befallsverdacht (diesjährige
Eiablage) besteht. Die Bäume sind teilweise wipfeldürr, weisen
aber ansonsten nur die üblichen mechanischen Schäden, Pilzinfektionen,
Blattlauskolonien auf. Karl HADULLA hat am vergangenen Wochenende allerdings
einen Baum gefunden, der deutlichen Larvenfraß aufweist und bemüht
sich, das Holz zur Zucht zu erhalten. Im Umkreis von 2 km wird anschließend
eine Sicherheitszone ausgewiesen, in der ein Monitoring und ggf. weitere
Bekämpfungsmaßnahmen durchgeführt werden sollen.
Viele der Straßenbäume
zeigen eine aufgelichtete
Krone - ein Verdachtsmoment für einen Befall.
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Im nähren Umkreis werden
alle Bäume, für die
ein Befallsverdacht vorliegt, vorsorglich gefällt.
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Import
Die zwei gefällten Bäume stehen
unmittelbar vor einer Firma, die einen Handel mit Natursteinen betreibt,
die aus China importiert werden. Skulpturen, Platten und Pflaster werden
in Holzverpackungen verschifft, in der Regel auf Paletten und / oder Lattenkisten,
die mit kleinen Eisenwinkeln vernagelt werden. Das Holz besteht überwiegend
aus unbehandelten (z.B. Verpilzung sichtbar) dünneren Latten aus Laubhölzern,
die für
Anoplodera nicht bruttauglich sind, aber auch aus dickeren
Streben, mit denen Larven eingeschleppt werden könnten. Alle Abfallhölzer
wurden kürzlich vernichtet. Einer ausgiebigen Besichtigung der Verpackungen
im Lager hat die Firmenleitung nicht zugestimmt.
Anoplophora chinensis
Das bislang in der Käfergalerie als
Anoplophora
glabripennis geführte Tier aus Köln wurde nun von Siegfried
STEINER als Anoplophora chinensis (syn. malasiaca) erkannt.
Der Käfer wurde in den 80er Jahren von Matthias FORST fotografiert,
nachdem er aus einer aus Japan importierten Holzstatue geschlüpft
und zur Begutachtung in das Insektarium im Kölner Zoo gebracht wurde.
Das genaue Datum läßt sich zur Zeit nicht ermitteln, da die
Kölner Sammlung gerade in das Museum Koenig in Bonn übersiedelt
ist und der Beleg erst gesucht werden muß. STEINER (1997) berichtet
auch von einem Import dieser Art nach Österreich, wo der Bockkäfer
aus Apfel-Bonsai Bäumchen geschlüpft ist. |
Natursteinimport in Holzverpackungen.
Anoplophora chinensis, Import nach Köln,
Foto FORST
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Mitteleuropa
In Mitteleuropa wurden bislang zwei Ansiedlungen
von Anoplophora glabripennis registriert, die trotz Bekämpfungsmaßnahmen
weiter existieren. Ausführliche Informationen zu den Vorkommen in
Österreich und in Bayern finden sich in den unten gelisteten
Links. Hier ist auch die Biologie der Art, ihr Wirtspflanzenspektrum usw.
ausführlich beschrieben. Neben den nun bekannten Ansiedlungen in Bayern
(By+) und im nördlichen Rheinland (No+) wird im BBA-Bericht auch ein
Import aus Osnabrück (WE i) erwähnt.
Schaden oder Nutzen?
Welche Gefährdungen von Anoplodera
ausgehen können, ist derzeit noch völlig ungewiss. Die Art präferiert
forstlich weniger relevante Gehölze, besiedelt offenbar nur besonnte
Standorte und besitzt eine verhältnismäßig geringe Migrationsneigung.
Problematisch wird sie dadurch, dass sie offenbar auch in völlig vitalen
Bäumen und in Obstgehölzen brütet. Bislang bezifferte wirtschaftliche
Schäden entstehen durch Bekämpfungsmaßnahmen oder errechnen
sich aus den Herstellungskosten des Straßenbegleitgrüns.
Werden bald auch wieder
solche Bäume gefällt?
Alte Kirschbäume im benachbarten Swisttal ...
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... beherbergen eines der
letzten nordrheinischen Vorkommen des Kleinen Heldbockes Cerambyx scopolii.
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Derzeit geht ein Teil der medialen Darstellung
in Richtung "Killerkäfer", der die heimischen Bäume bedroht.
Das undifferenzierte Etikett "der Bockkäfer" (ähnlich "der Borkenkäfer")
bedroht den mühsam in den letzten Jahrzehnten erarbeiteten Respekt
für unsere artenreiche und teilweise hochgefährdete Totholzkäferfauna.
Viele Arten besiedeln offene Gehölzstrukturen, besitzen ihre Vorkommensschwerpunkte
in Parks und Alleen. Durch eine ungerechtfertigte Panik und Abholzungen
könnten Naturschutzbestrebungen zum Erhalt seltener Totholzkäferlebensgemeinschaften
schwere Rückschläge erleiden. Als Beispiel sei Rhamnusium
bicolor genannt, dessen Vorkommen in alten Kastanienalleen nahezu
erloschen sind. Auf der anderen Seite besteht die Möglichkeit, dass
Anoplophora
glabripennis, ähnlich wie unsere lebendholzbesiedelnden Lamiinae
- z.B. Saperda-Arten - ein gewisses Häufigkeitsniveau und Baumartenspektrum
hält und sogar als Katalysator für die Ausbreitung und Besiedelung
anderer Xylobionter dienen könnte.
Optimale Ausbreitungswege
Unabhängig davon, dass dieses Experiment
nicht gewagt werden wird, steht die Frage, ob der Bockkäfer sich etablieren
und ausbreiten wird. Sollte die Migrationsneigung unterschätzt werden,
dürfte keine Möglichkeit der Eindämmung bestehen. Bornheim
als Stadt mit relativ wenigen naturnahen schützenswerten Lebensräumen
(die wertvollsten stehen sogar nicht einmal unter Naturschutz!), hoher
Besiedlungsdichte und intensiver Landwirtschaft, hat in den letzten Jahrzehnten
breit angelegte Programme zur Begrünung erfahren, so dass neben den
alten Gehölzstrukturen (Waldreste, Obstplantagen, Feldgehölze)
eine umfangreiche Vernetzung durch Neuanpflanzungen entlang von Straßen
und begradigten Bächen entstanden ist. Zusammen mit der starken Zersiedelung
- alte Dorfstrukturen sind am Höhenzug der "Ville" kaum noch
zu erkennen - bestehen entlang von Verkehrswegen und in Gärten günstigste
Ausbreitungsmöglichkeiten.
Wie schnell wird das gehen?
"Keine Ahnung". Der amerikanische Bockkäfer
Parandra
brunnea sitzt seit 1916 in Dresden und hat sich seitdem nicht weiter
ausgebreitet (s. Bericht
von Gerhard KATSCHAK). Andere Arten verbreiten sich relativ schnell oder
rasend. Der Grasbock Calamobius filum hat vom südlichen Rheinland
bis zum Niederrhein etwa 10 Jahre benötigt, der Asiatische Marienkäfer
Harmonia
axyridis hat in der halben Zeit fast ganz Deutschland besiedelt und
sitzt heute auch zahlreich an den Ahornen, die in Bornheim-Roisdorf gefällt
werden. Ein weiterer Käfer asiatischer Herkunft ist gerade erstmalig
im nahen Meckenheim nachgewiesen worden. Der Bockkäfer Xylotrechus
stebbingi wurde von Manfred JUNKER in der Krautfabrik am 14.VII.2005
in einem Exemplar (t. ADLBAUER) in einer Lichtfalle gefangen (JUNKER &
KÖHLER in Vorber.).
Updates
Es soll versucht werden, noch einige Fotos
von den Bäumen mit Schlupflöchern und Larven zu erhalten. Weitere
neue Fakten werden ggf. ergänzt und auf der Startseite erwähnt. |
Fraßbild 500 Meter vom
Erstfundort entfernt.
Ist das auch Anoplophora oder etwas Schützenswertes?
Der 2004 erstmals registrierte Asiatische
Marienkäfer an einem Ahorn in Bornheim-Roisdorf.
Xylotrechus stebbingi, Meckenheim, VII.2005.
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21.10.2005: Anoplophora chinensis
- wurde auch im Juni 1987 in Aachen importiert und unter dem Synonym malasiaca
publiziert (SCHMIDT & SCHMIDT 1990). W. VORBRÜGGEN erhielt
am 15.VI.1987 ein aus einem Bonsai-Ahorn geschlüpftes Exemplar, dass
HOLZSCHUH nach einem Dia bestimmte. Die Autoren weisen darauf hin, dass
Anoplophora
chinensis der häufigste Gattungsvertreter in Japan und dort ein
beachtlicher Schädling in Zitrus-Kulturen sei (bis zu 90% Befallsquote),
eine Einbürgerung allerdings nur im Mittelmeerraum vorstellbar sei.
Grund für die Veröffentlichung war ein im Frühjahr 1988
in Berlin aus einem Bonsai-Dreizahn-Ahorn (Acer buergerianum, importiert
aus Nagoya/Japan) geschlüpftes Exemplar.
21.10.2005: Petr Zabranski übermittelt
einige Links zu Anoplophora glabripennis in Österreich: "Wer sich
über offizielle Positionen zum Thema ALB bzw. Neobiota in Österreich
informieren möchte, sei auf das BFW
(Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren
und Landschaft) bzw. die folgenden Seiten verwiesen (Auswahl sicher unvollständig)":
http://bfw.ac.at/400/2132.html
http://bfw.ac.at/400/1509.html
http://www.umweltbundesamt.at/...
08.12.2005: Statt der versprochenen Fotos
von Anoplophora-Larven meldet sich Dr. Beckers von der Landwirtschaftskammer
NRW mit einer termingebundenen Aufforderung, der Informationspflicht
im Rahmen von Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung von Quarantäne-Schadorganismen
nachzukommen und mitzuteilen, wo das auf dieser Seite abgebildete Fraßbild-Foto
entstanden sei.
16.05.2006: Bei einer Kontrolle des nach
BAUMANN (1997) einzigen aktuellen nordrheinischen Vorkommens von Cerambyx
scopolii (s. Fotos oben) wird festgestellt, dass alle alten Brutbäume
gefällt und mitsammt Wurzel beseitigt wurden. Der Fundort liegt im
Karantäneradius von Bornheim. Ob die Rodung im Zusammenhang mit Anoplophora
steht ist zur Zeit noch unklar.
17.07.2006: In Bornheim werden wiederum
Anoplophora-typische Fraßgänge und Holzspäne an einem
Ahorn festgestellt und der betroffene Baum sofort gefällt (wir Bornheimer,
Mitteilungsblatt, Jg.5, Nr.16, S.6, 4.08.2006).
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