Hermann Fuß gestorben.
Von Wilhelm Hubenthal, Pfarrer in Bußleben
bei Gotha.
Herr Amtsgerichtsrat R o e t t g e n - Coblenz, der zur
Zeit als Hauptmann im Westen steht, teilte mir mit, daß der Nestor
der Rheinischen Entomologen, Justizrat
H e r m a n n F u ß, am 21. September 1915
in Bonn a. Rh. im Alter von 91 Jahren gestorben ist, und ersuchte mich,
einen Nachruf zu schreiben, da er selbst hierzu jetzt nicht in der Lage
ist. Soweit es mir möglich ist, komme ich diesem Wunsche gern nach.
H e r m a n n F u ß ist am 15. Mai 1824 in Geldern geboren.
Er sammelte nach 1845 in Düsseldorf, von 1850 bis 1866 in Ahrweiler,
bis 1889 in Kleve. Mit vielen Entomologen jener Zeit, z. B. mit v o m B
r u c k und K r a a t z, stand er in regem Verkehr. K r a a t z hatte ihn
schon 1851 in Ahrweiler aufgesucht und mit ihm gesammelt. In seiner Sammlung,
sowie in der Sammlung v o m B r u c k (in Bonn) befinden sich zahlreiche,
von F u ß stammende Stücke; ebenso auch z. B. in der einstigen
Sammlung H a b e l m a n n. K r a a t z erwähnt (Insekten Deutschlands.
II.) Ahrweiler oft; ebenso hat F a u v e 1 (Faune gallo - rhénane.
III.) Angaben von F u ß benutzt. F u ß selbst gab von 1857
bis 1868 in der Berliner Entomologischen Zeitschrift eine Reihe von Sammelberichten
heraus, von welchen besonders die Nachricht von der Lebensweise des Hister
distinctus Er. in neuester Zeit wieder mit Erfolg benutzt worden ist.
Der Verstorbene mufs ein äufserst energischer, glücklicher und
scharfsichtiger Sammler gewesen sein. Seine vorzüglich erhaltene Sammlung
birgt eine große Anzahl seltener Arten in größeren Reihen.
So sind
Hadrambe glabra und Buprestis splendida vertreten.
In der Umgebung von Ahrweiler fand er z. B. Trogophloeus mannerheimi,
Pseudobium labile, Acritus rhenanus, Gynandropthalma flavicollis, Nanophyes
flavidus. Schwierige Gattungen, wie Atheta, sind in seiner Sammlung
sehr reich vertreten und, jedenfalls mit Hilfe von K r a a t z, hervorragend
durchgearbeitet. Als kostbarste Neuheiten entdeckte F u ß seine Borboropora
Kraatzi,
Atheta nitens (= Fussi Bernhauer, Wien. zool.bot.
Ges. 1908, 40, wegen
nitens Mäklin aus Russisch-Amerika) und
Ptenidium longicorne. (Borboropora wurde öfters wiedergefunden,
z. B. bei Wien, in Tirol, auf Corsica [B i c k h a r d t]). Atheta Fussi
befindet
sich aus den Seealpen in Sammlung E v e r t s, nach obiger Ausführung
offenbar in Sammlung B e r n h a u e r und in einem Stück vom Altvater
in Sammlung K r a a t z. Von den drei Typen hat F a u v e 1 eine erhalten,
die zweite soll sich in Sammlung K r a a t z befinden, wo sie aber bisher
nicht festzustellen ist, die dritte ist noch in Sammlung F u ß. Ptenidiurn
longicorne hat G a n g 1 b a u e r aus Württemberg vor sich gehabt.)
Die Sammlung F u ß habe ich bei dem Besitzer, Herrn Amtsgerichtsrat
R o e t t g e n, gesehen. Sie ist sehr gut erhalten, Fundortbezeichnungen
sind im allgemeinen spärlich, besonders bei selteneren rheinischen
Vorkommnissen und Tauschstücken fremder Herkunft vorhanden. Alles
ist gleichmäßig präpariert. In peinlicher Ordnungsliebe
hatte F u ß alle Stücke von oben nach unten und rechts nach
links genau ausgerichtet eingesteckt; die Nadel war im Torf boden durch
etwas Leim befestigt, was beim Herausnehmen leicht Beschädigung des
Papiers und Abspringen des Käfers verursacht. Offenbar sollte die
Sammlung als etwas Fertiges und Vollendetes angesehen werden, wie dies
auch K e l l n e r und K r a u s e vorgeschwebt hatte, als sie ihre Sammlungen
zum letzten Male ordneten. - Justizrat
F u ß genoß als ein freundlicher und hilfsbereiter
Mann ein großes Ansehen; die Entomologen des Rheinlandes verehrten
ihn sehr. Noch im höchsten Alter besaß er große Kenntnisse
und ungetrübten Scharfblick. Bis in sein letztes Lebensjahr war er
der Naturfreund seiner früheren Zeit. Herr Amtsgerichtsrat R o e t
t g e n schreibt, daß er ihm stets seine Ausbeuten aus dem Gebirge
mitbringen mußte und daß er über den scharfen Blick des
neunzigjährigen Herrn oft gestaunt habe. Zu Anfang dieses Sommers
aber machten sich leichte Beschwerden des hohen Alters geltend; er stellte
seine mehrstündigen täglichen Wanderungen ein. Dann nahm die
Schwäche immer zu, zuletzt verlor er seine geistige Klarheit, erkannte
fast niemand mehr und ist dann leicht und ruhig hinübergeschlummert.
Seine entomologischen Zeitgenossen sind längst dahingegangen ; dem
lebenden Geschlecht, besonders den rheinischen Entomologen, galt er als
der verehrungswürdige Zeuge einer vergangenen Zeit, in der erstaunlich
gründlich, fleißig und vielseitig gearbeitet wurde. In Dankbarkeit
und Treue wollen wir immer seiner gedenken! |