Mordellochroa milleri - in Mitteleuropa

Mordellochroa milleri (Emery) in Mitteleuropa 
bei Kufstein in Österreich (Coleoptera, Mordellidae)

Frank Köhler
Auf einer Reise im vergangenen Sommer Ende Juli nach Osttirol verließen wir kurz hinter der deutsch-österreichischen Grenze bei Kufstein (Tirol) die Autobahn in Richtung Lienz. In der Nähe des Ortes Söll (exakt Museum an der Ecke Bundesstraße 173 und 312) wurde an einer blütenreichen Mädesüß-Wiese eine kurze Rast eingelegt, die auch zur Suche nach ersten Alpenkäfern in der Bachaue auf rund 550 m NN genutzt wurde. 

In der herannahenden Abenddämmerung wurden noch letzte aktive Käfer gesichtet und fotografiert, aber auch zahlreiche Tiere, die sich in den Mädesüß-Blütentrauben zur Nachtruhe versteckt hatten. Neben einzelnen Trichius fasciatus und Protaetia cuprea fanden sich diverse Bockkäfer, neben gewöhnlichen "Flachlandarten" Anastrangalia dubia in diversen Farbvarianten und Pedostrangalia pubescens.
Anastrangalia dubia, Weibchen rote Variante
Pedostrangalia pubescens
Mordella aculeata
Mordellistena humreralis
In den Mädesüß-Blüten fanden sich besonders zahlreich Mordelliden, dominant Mordella aculeata und Mordellistena humeralis. Ein einzelnes Tier, augenscheinlich eine Mordellochroa in ungewohnter Färbung, fiel sofort ins Auge, die Fotos ruhten aber nach der Übertragung auf das Notebook noch unbestimmt bis zur endgültigen Bildbearbeitung für die Fotogalerie unter www.koleopterologie im Februar 2005.

Das Tier fällt im Vergleich zu den ähnlichen gefärbten Weibchen der Mordellochroa abdominalis sofort durch roten statt schwarzen Kopf auf und mit 6 mm Größe ist es deutlich größer als Mordellistena semiferruginea, die gleichfalls einen roten Körper mit schwarzen Flügeldecken aufweist. 
Auf eine e-Mail-Anfrage wies mich Wolfgang Pankow auf die 5,0 bis 6,3 mm große Mordellochroa milleri hin, die von Ermisch 1956 in den Mordelliden-Tabellen im Band V der Faunistik von Horion erwähnt wird.  Sie wird als fast komplett gelb bis gelbrot beschrieben, wobei die Augen, Flügeldecken, Dörnchenkränze der Tibien, Kerben der Hinterbeine und der Tarsen (sehr auffällig) schwarz sind.

Wolfgang Pankow antwortete ferner: "In meinem Sonderdruck von Horion (1971) findet sich ein handschriftlicher Nachtrag von Horion: 'Mordellochroa milleri: Rumän (Banat), Ung., SOE, söME, T(Sl: Gottwald 1972)!, Ö (Nd: Eichkogel)'. Verbreitung nach Batten (1977): 'Austria, Hungary, Rumania'. Ich hatte mir notiert: 'das Exemplar aus Österreich: Eichkogel aus dem Museum Frey, auf das sich Ermisch 1956 in der Faunistik bezieht, ist Mordellistena semiferruginea'."

Abweichend zur Beschreibung bei Ermisch (1956) wies das bei Kufstein beobachtete Weibchen kein völlig rotes Pygidium auf. Bei genauerer Ansicht zeigt es sich dennoch rot mit einer oberseitigen Verdunkelung. Letzte Gewißheit erbrachte eine Rückfrage bei Jan Horák in Prag, der die Bestimmung bestätigte. In den Nachträgen zu den "Käfern Mitteleuropas" ist Mordellochroa milleri bislang nicht aufgeführt worden. Es gilt also auch in Bayern auf scheinbar aberrant gefärbte Weibchen von Mordellochroa zu achten - denn die milleri-Männchen sind wie die Weibchen gefärbt, während die Männchen von abdominalis weitgehend schwarz sind.
Mordellochra milleri, Weibchen


Mordellochra milleri, Weibchen

BATTEN, R. (1977): Mordellochroa species of the Western Palaearctic region (Col. Mordellidae). - Entomologische Berichten, Deel 37, 21 - 26.
ERMISCH, K. (1956): Faunistik der mitteleuropäischen Käfer. Mordellidae, in: HORION, A. (1956): Faunistik der mitteleuropäischen Käfer. Bd.V: Heteromera. - Tutzing, 269-328.
HORION (1971): Familie Mordellidae. Kurze faunistische Zusammenstellung der mitteleuropäischen Arten. - Ent. Bl. (Krefeld) 67,137-146.