Marolia variegata neu für Deutschland

Erstnachweis des Düsterkäfers Marolia variegata (BOSC D'ANTIC, 1791) für Deutschland im Unteren Moseltal (Coleoptera, Melandryidae)


Thomas Hörren
Zusammenfassung. Marolia variegata (BOSC D'ANTIC, 1791) wurde erstmals in Deutschland festgestellt. Zwei Nachweise aus dem Mai 2012 am Aussichtspunkt "Blumslay" im Unteren Moseltal bei Winningen (Rheinland-Pfalz) werden gemeldet und diskutiert. 

Abstract. Marolia variegata (BOSC D'ANTIC, 1791) was recorded for the first time in Germany. Two records from May 2012 close to the lookoout point "Blumslay" in the Unteres Moseltal near Winningen (Rhineland Palatinate) are reported and discussed.
Die xylomycetophage Düsterkäferart Marolia variegata (BOSC D'ANTIC, 1791) (Abb. 1) ist bislang aus Spanien, Frankreich, Italien und der Schweiz gemeldet, zudem liegt ein als importiert eingestufter Nachweis aus Großbritannien vor (vgl. NIKITSKY & POLLOCK 2008). Die folglich deutlich südwestliche Art findet sich als Imago an verpilztem Holz verschiedenster Laub- und Nadelgehölze, Entwicklungsnachweise liegen unter anderem aus Weißdorn (Crataegus, Fam. Rosaceae) und Eichen (Quercus, Fam. Fagaceae) vor. PERRIS (1877) beschreibt die Larve in Unkenntnis der Marolia leseigneuri NICOLAS, 1977 und gibt eine einjährige Entwicklung an. In Frankreich gilt Marolia variegata nach NICOLAS (1977) als relativ häufig. Nach Norden hin nehmen die Fundmeldungen der Art im Verbreitungsgebiet merklich ab.
Abb. 1:  Marolia variegata (BOSC D'ANTIC, 1791) 
(Foto: HERVÉ BOUYON).
Zwei Exemplare der Art konnten im unteren Moseltal im Landkreis Mayen-Koblenz erstmals für Deutschland nachgewiesen werden. Bei dem Fundort handelt es sich um den Rand eines wärmegetönten Eichenwaldes oberhalb natürlicher Silikatfelsformationen in direkter Umgebung des Aussichtspunktes "Blumslay" bei Winningen (Abb. 2), TK25-Messtischblatt 5610 Bassenheim. Am 12. Mai 2012 konnte auf einer gemeinsamen Exkursion ein Exemplar von KLAAS REISSMANN von niederer Vegetation geklopft werden, bei einer gezielten Nachsuche am 14. Mai 2012 konnte ich durch gezieltes Abklopfen eines unmittelbar am sonnenexponierten Waldrand liegenden verpilzten toten Buchenastes ein weiteres Exemplar, ein Weibchen, nachweisen. 

Zur Begleitfauna an liegenden verpilzten toten Buchenästen gehörten am Tag der Nachsuche Scaphidium quadrimaculatum OLIVIER, 1790 (Staphylinidae), Orchesia undulata KRAATZ, 1853 (Melandryidae), Scaphidema metallicum (FABRICIUS, 1792) (Tenebrionidae) und Platyrhinus resinosus (SCOPOLI, 1793) (Anthribidae). Auffällig war die sehr geringe Aktivität und Artenzahl weiterer mycetophager Käfer, die lediglich durch häufige und weit verbreitete Arten repräsentiert waren. 


Abb. 2: Rand eines wärmeliebenden Eichenwaldes oberhalb natürlicher Silikatfelsformationen
an der Blumslay bei Winningen, Fundort von Marolia variegata. Zur linken Seite
fällt der Moselhang nach Südwesten steil bergab (Foto: Verfasser, 11.11.2012).

Als möglich erscheint die Annahme, dass Marolia variegata durch das Moseltal nach Deutschland eingewandert ist. Einwanderungswege nach Rheinland-Pfalz wurden detailliert von RUDY (1924) beschrieben und anschließend vielfach hinsichtlich xerophiler Insektenarten, mit einer in Deutschland strikt auf das Moseltal begrenzten Verbreitung, beispielsweise von NIEHUIS (2001) und MADER (2010) diskutiert. Wie weit die Art bislang verbreitet ist und ob es sich möglicherweise um ein bislang auf das Moseltal begrenztes Vorkommen handelt, ist vorerst nicht abschätzbar. Sehr wahrscheinlich handelt es sich bei Marolia variegata um einen Profiteur der Klimaerwärmung. Die Art dürfte sich momentan bei uns äußerst thermophil verhalten. Die Umgebung des Aussichtspunktes "Blumslay" wird seit langer Zeit von Koleopterologen aufgesucht. Der Ort findet sich in allen großen faunistischen Werken des Rheinlandes wieder und führte bereits häufiger zu bemerkenswerten Nachweisen neu zu meldender Arten. 

Künftige Nachweise von Marolia variegata erscheinen auch in Luxemburg denkbar, da diese das Verbreitungsbild abrunden würden. Aktuell für Südwest- und Westdeutschland ist auch ein Vorkommen von Marolia leseigneuri NICOLAS, 1977 zu erwarten. Die Schwesterart, die bislang für Mitteleuropa unberücksichtigt blieb, kommt aktuell in der Schweiz und im Norden Frankreichs vor. Dort hat die Zahl der Funde in den letzten Jahren leicht zugenommen, was jedoch möglicherweise auf eine erhöhte Beschäf-tigung mit der Gattung zurückzuführen ist. 

Bei den bisherigen Angaben zur Identifikation der Imagines von Marolia variegata durch KASZAB (1969) handelt es sich wahrscheinlich um vermischte Merkmale beider Arten, da zum Zeitpunkt der Erstellung des Bestimmungsschlüssels sicherlich im wesentlichen südwesteuropäisches Material zugrunde lag. Eine Trennung beider Taxa ist mit den Arbeiten von NICOLAS (1977), ALLEMAND & THILLIEZ (1991) und LESEIGNEUR & DALMON (2006) möglich und erfolgt am besten anhand männlicher Tiere.

Danksagung: Für die Überprüfung der Belege danke ich OND?EJ KONVI?KA (Zlín). KLAAS REISSMANN (Kamp-Lintfort) sei für die Überlassung seiner Angaben zum Fund gedankt und HERVÉ BOUYON für die eines Lebendfotos.

Literatur
  • ALLEMAND, R. & A. THILLIEZ (1991): Marolia leseigneuri J.-P. NICOLAS, une espèce méconnue (Col. Melandryidae). – Bulletin de la Société entomologique de France 96: 183–184.
  • KASZAB, Z. (1969): 80. Familie: Serropalpidae (Melandryidae), in: FREUDE, H., HARDE, K. W. & G. A. LOHSE (Hrsg.): Die Käfer Mitteleuropas. Band 8. Teredilia. Heteromera. Lamellicornia. – Goecke & Evers Verlag (Krefeld): 388 S.
  • LESEIGNEUR, L. & J. DALMON (2006): Nouvelles observations sur Marolia leseigneuri J.-P. NICOLAS (Coleoptera, Melandryidae). – Bulletin mensuel de la Société linnéenne de Lyon 75: 281–288.
  • MADER, D. (2010): Das letzte Paradies des Apollofalters (Parnassius apollo) in den Weinbergen und an den Waldrändern an den Steilhängen des Moseltales zwischen Koblenz und Trier (Deutschland). The Last Paradise of the Apollo Butter-fly (Parnassius apollo) in the Vineyards and at the Forest Margins at the Steep Slopes of the Moselle Valley Between Koblenz and Trier (Germany). – galathea (Nürnberg) 26: 119–150.
  • NICOLAS, J.-P. (1977): Description de Marolia leseigneuri n. sp. (Col. Melandryidae). – Bulletin de la Société linnéenne de Lyon 46: 281–283.
  • NIEHUIS, M. (2001): Die Bockkäfer in Rheinland-Pfalz und im Saarland. – Fauna und Flora Rheinland-Pfalz Beiheft 26 (Mainz): 604 S.
  • NIKITSKY, N. B. & D. A. POLLOCK (2008): Family Melandryidae LEACH, 1815. S. 64–73, in: LÖBL, I. & A. SMETANA (Hrsg.): Catalogue of Palaearctic Coleoptera. Volume 5. Tenebrionoidea. – Apollo Books (Stenstrup): 670 S.
  • PERRIS, E. (1877): Larves de coléoptères. – Paris, Deyrolle: I–VIII, 590 S., 14 Ta-feln
  • RUDY, H. (1924): Die postglazialen Klimaverhältnisse und ihre Wirkung auf die Verbreitung der xerothermen Insekten im oberen Rheingebiet. – Mitteilungen der Badischen Entomologischen Vereinigung Freiburg i. Br. (Freiburg im Breis-gau) 1: 74-82.

  • Zitat: HÖRREN, T. (2013): Erstnachweis des Düsterkäfers Marolia variegata (BOSC D'ANTIC, 1791) für Deutschland im Unteren Moseltal (Coleoptera, Melandryidae). - Mitt. Arb.gem. Rhein. Koleopterologen (Bonn) 23, im Druck.